Onkie Irmgard Bräu

Irmgard Bräu und ihr größter Wunsch: Eines Tages verstirbt kein Kind mehr an der Krankheit Krebs! Ein kleines Interview zu einem großen Ziel.

Seit Jahren wirkt Frau Irmgard Bräu für die “Mehr LEBEN für krebskranke Kinder – Bettina-Bräu-Stiftung”, für die Elterninitiative Intern 3 und für die Hämatologische Onkologische Abteilung am Dr. von Haunerschen Kinderspital. Sicher ist so mancher Spender interessiert, Irmgard Bräu näher kennen zu lernen.
Erzählen Sie uns bitte ein wenig über sich und Ihre Familie!

1947 wurde ich in Bogen geboren und durfte im Ortsteil Kleinlintach mit einer Schwester und einem Bruder in einer kleinen Landwirtschaft aufwachsen. Unsere Eltern Anna und Ludwig Schnupp erlebte ich als Selbstversorger der ganzen Familie, zu der auch unser Großvater Jakob Siedersbeck gehörte Nach dem Besuch der achtjährigen Volksschule in Oberalteich, die etwa eine Stunde Fußmarsch entfernt lag, besuchte ich den einjährigen Grundlehrgang für Hauswirtschaft in Bogen.

Anschließend arbeitete ich in München-Schwabing in einem privaten Hotel und durfte viele Künstler persönlich kennen lernen und auch bedienen, was mir die Gelegenheit bot, sehr viele neue Eindrücke und prägende Erlebnisse zu sammeln.

Am 1.1.1966 nahm ich in Bogen eine Stelle als Kindergartenhelferin an, wobei mir der Umgang mit den vielen Kindern sehr viel Freude bereitete. Ein Jahr nach der Heirat mit Schreinermeister Alois Bräu 1969, mit der Geburt unseres ersten Sohnes Alois, beendete ich diese Tätigkeit. Der heimatliche Betrieb bietet bis zum heutigen Tag eine ausfüllende Beschäftigung, die nicht einmal durch die Geburt der anderen Kinder, Bettina 1972, Michael 1978 und Andreas 1986,wesentlich unterbrochen wurde.

Auf Dauer erschütterte und veränderte unsere Familie der 4 Jahre lange Kampf unserer Tochter gegen Leukämie, der 1978 mit dem Tod Bettinas endete.

Was mir später noch sehr viel Kraft abverlangte, war die durchgehende Betreuung und Pflege sowohl beider Eltern als auch der Schwiegereltern, die in den Jahren 1989, 1992, 1995 und 1998 verstarben.

Nach dem Tod Ihrer geliebten Tochter Bettina und der großen Trauer in Ihrer Familie beschlossen Sie, gegen die Krankheit Krebs bei Kindern zu kämpfen. Erinnern Sie sich noch an Ihre Gedanken, als Sie damals einen Weg suchten, dieses Ziel zu verwirklichen?

Eigentlich wollte ich ja nur Bettinas Gewohnheiten fortsetzen. Sie beschenkte gerne die anderen erkrankten Kinder. So begann ich eine Woche nach ihrem Tod mit dem ersten Besuch der onkologischen Station mit kleinen Geschenken.
Wann wurde der Gedanke geboren, das Backbuch, “Meine besten Weihnachtsplätzchen”, zu verfassen, dessen Erlös Sie zugunsten der krebskranken Kinder spenden würden?
Am 1. Adventssamstag 1989 beim Künstlerstand in der Fußgängerzone und bei der Heimfahrt. Eingeweiht in diesen Gedanken wurde nur meine Familie, vor allem aber meine Mutter. Sie unterstützte mich bei den vielen anfallenden Arbeiten. Der Rest der Familie musste die vielen Plätzchen verkosten und entscheiden, welche Rezepte ins Buch durften.

Was war Ihr besonderes Konzept für dieses Backbuch?

Die Grundidee bestand darin, die Aufmachung und die Rezepte so einfach wie möglich zu halten und Farbfotos zu verwenden. Zudem wurden die Anweisungen für Zubereitung und Zutaten auf zwei Seiten verteilt um evtl. Kopierarbeiten zu erschweren. Das Buch fand sofort großen Zuspruch und reißenden Absatz.
Hatten Sie damals mit diesem großen Erfolg gerechnet oder waren Sie selbst überrascht?
Eigentlich war das Buch nur dafür gedacht, bei Aktionen nicht nur “betteln” zu müssen, sondern auch eine handfeste Gegenleistung für Spenden geben zu können. Der Erfolg überrollte mich vom ersten Tag an. Nach kurzer Zeit bereits erschien “Meine besten Kuchen und Torten”.

Hatten Sie dieses neue Buch schon vorbereitet oder musste es erst zusammengestellt werden?

Das zweite Buch war schon geplant und kam genau ein Jahr später auf den Markt.

Sie setzten sich vor Jahren dafür ein, eine Stiftung zu gründen, die krebskranken Kindern hilft. Warum eine Stiftung?

Die Idee wurde in der Initiative geboren, aber ich fand sie von Anfang an sehr gut und dringend notwendig. Mit einer Stiftung kann man vorzüglich langfristig helfen.

Seit Jahrzehnten engagieren Sie sich nun für krebskranke Kinder. Wie brachten Sie all die Jahre Berufstätigkeit, Familie und die karitative Arbeit unter einen Hut?

Das ist auch für mich eine nicht gelöste Frage. Aber mein Glaube, insbesondere dass meine Tochter mich auch nach ihrem Tod bei meinem Tun weiter unterstützt, hat mir dabei sehr geholfen. Auch meine Familie stand und steht all die Jahre in vielfältigster Weise tatkräftig hinter mir.

Ihre Familie unterstützt Sie also sehr. Aber in welcher Form entlasten Mann und Kinder Sie im Besonderen?

Besonders in der Anfangszeit übernahm die Familie oft das Annehmen und Abwickeln von Buchbestellungen. Gerade mein Mann opferte, da er alle Anrufe im Betrieb entgegennehmen musste, die meiste Zeit. Auch für meine zahlreichen Abwesenheiten im Zuge der Spendenarbeit zeigte er Verständnis. Ansonsten waren und sind alle, auch die Mitarbeiter der Schreinerei, ehrenamtlich mit eingebunden.

Sie sind ungeheuer rührig: Sie werben für die Stiftung Spenden ein, Sie nehmen die Spenden in Empfang und berichten über die Arbeit der Stiftung. Ist das nicht sehr anstrengend?

Es macht aber sehr viel Freude. Jede Spende bringt die Ziele der Stiftung weiter, ist aber auch für mich immer ein besonderes, einmaliges Erlebnis.

Sie reisen nach Möglichkeit zu jeder Spendenübergabe, sofern es die Umstände erlauben. Wie groß ist Ihr Reise-Radius bzw. wohin führte Sie die weiteste Reise?

Die Einsätze finden im Landkreis Straubing-Bogen statt, erstrecken sich aber auf ganz Niederbayern, Oberpfalz und Oberbayern. In letzter Zeit bekam ich sogar Spenden aus Karlsruhe und Ungarn. Sie wurden zum Glück in München und Passau übergeben, so gibt es keine spezielle “weiteste Reise”.

Viele Spender bewog die eigene oder eine Krebserkrankung in der Familie, sich für eine Zuwendung an die Bettina-Bräu-Stiftung zu entschließen. Sie erfahren in den ungezählten Gesprächen mit Spendern oftmals über schwere Schicksale. Belastet Sie das und wie gehen Sie damit um?

Diese traurigen Berichte berühren mich immer. Trotzdem höre ich sehr gerne zu, in der Gewissheit, schon alleine damit Hilfe zu schenken und dem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, seine Erfahrungen zu teilen. Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie Betroffene ihr Schicksal bewältigen.

Kommt es vor, dass Sie um medizinischen oder psychologischen Rat gefragt werden? Was antworten Sie den Ratsuchenden?

Von Anfang an erkläre ich, keine ärztliche Ausbildung zu haben und somit keine medizinischen Ratschläge erteilen zu können. Vor zehn Jahren absolvierte ich einen zweijährigen Kurs, um die Ausbildung zu einer psychologischen Beraterin zu erhalten. Dieses Wissen stellt für mich eine enorme Hilfe dar, den Ratsuchenden Antworten zu geben.

Bei großen Benefizveranstaltungen zugunsten der Bettina-Bräu-Stiftung mobilisieren Sie viele Freundinnen und Freunde zur Mitarbeit. Wie gelingt es Ihnen, so viele Mitstreiter zu motivieren?

Das ist kein Problem. Gerne und vor allem unentgeltlich helfen liebe Menschen jeden Alters freiwillig mit. Immer wieder bin ich erstaunt, wie gut auch große Aktionen mit 130 Helfern klappen. Das gibt mir viel neuen Mut.

Neben ihrer Mitgliedschaft in der Stiftung sind Sie auch Mitglied in weiteren Vereinen. Ist das für Sie wichtig? Sind Sie ein geselliger Mensch?

Gerne bin ich in geselliger Runde. Mitgliedschaften in Vereinen, in denen viel Gutes bewegt wird, ist mir auch wichtig.

Wie leben Sie in Ihrer Heimatstadt mit Ihrem Bekanntheitsgrad?

Manchmal habe ich das Gefühl, dass fast alle “Bogener” mithelfen, das große Leid und die sich manchmal einfindende Ohnmacht der betroffenen Kinder und ihrer Familie zu lindern. Bei den vielen, vielen Begegnungen spüre ich, dass wir in gleicher Mission gerne unterwegs sind.

Sie wurden mit dem Bundesverdienstkreuz und mit dem Bayerischen Verdienstorden geehrt. Welche Gefühle bewegten Sie bei diesen Ehrungen?

Mein erster spontaner Gedanke war, das habe ich doch nicht verdient! Eigentlich müssten ALLE, die in vielfältigster Weise mithalfen und heute noch die Stiftung mit reichlich Herzblut und großartigen Aktionen unterstützen, einen Teil davon erhalten. Im Herzen teile ich die Auszeichnung auch weiterhin!

Sie lernen täglich neue Spender und Förderer der Stiftung kennen. Gibt es ein besonders bewegendes Erlebnis, das Ihnen Kraft verlieh?

Jede Spendenübergabe und Förderaktion sowie das Kennenlernen unzähliger, liebenswerter Personen und die damit verbundenen Gespräche verleihen mir immer sehr viel Kraft. Eine einzelne Begebenheit hervorzuheben fällt mir schwer.

Welche Frage von Spendern müssen Sie am Häufigsten beantworten?

Was geschieht mit unserer Spende? Wie viel schluckt die Verwaltung?

Warum ist es Ihnen so wichtig, dass die Bettina-Bräu-Stiftung besonders die Kinderkrebsforschung fördert?

Weil diese Projekte allen krebskranken Kindern zu Gute kommen und Hoffnung auf Nebenwirkungsarme Heilung geben.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit in der Stiftung?

Hervorragend und harmonisch!

Wenn Sie nach 16 Jahren ein Resümee ziehen sollten: Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung der Stiftung?

Die Entwicklung der Stiftung erscheint mir als gelungenes Gemeinschaftswerk. Mit der Hoffnung, dass sie sich gut weiterentwickelt, möchte ich allen ein herzliches “Vergelt’s Gott” übermitteln.

Sie haben gute Kontakte zur Kinderonkologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital, zu den erkrankten Kindern und zur Leitung. Was bedeuten für Sie diese Verbindungen?

Für diese Verbindungen bin ich von Herzen dankbar. Jede Begegnung bereichert mein Leben und gibt der ganzen ehrenamtlichen Arbeit Sinn. Ich würde gerne viel mehr Kontakte pflegen.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Sie sind eine großartige Bäckerin und verwöhnen Familie, Freunde und manchmal auch Spender mit Ihren Köstlichkeiten. Essen Sie eigentlich selbst auch gerne Kuchen und Plätzchen?

Ganz ehrlich? Ganz ehrlich: Nein. Eine gute Brotzeit ist mir lieber!

Das Interview führte Theresa Wendling,
Webmaster der Stiftung